1.jpegBeim Weltjugendtag hat der Papst zu Hunderttausenden jungen Menschen über Glauben und Kirche gesprochen. In eingängigen Worten vermittelte er Kernbotschaften des Christentums. Kontroverses gab es nur zwischen den Zeilen.

Kirche steckt in etlichen Ländern in einer Krise. Wie kann sie da junge Menschen für den Glauben begeistern? Papst Franziskus versuchte es auf dem Weltjugendtag in Lissabon mit einfachen Botschaften und wich immer wieder deutlich von den vorbereiteten Reden ab. „Die Kirche hat Platz für alle. Alle, alle, alle“, war einer dieser Sätze, die er während des mehrtägigen Riesenereignisses mehrere Male wiederholte. Ein anderer: „Gott liebt uns, wie wir sind“. „Hinfallen ist nicht schlimm – man darf bloß nicht liegenbleiben“, sagte er am 5. August. Und tags darauf wiederholte er beim Abschlussgottesdienst mit mehr als einer Million Teilnehmenden immer wieder: „Fürchtet euch nicht!“ So einfach die Worte – sie verweisen doch auf Kernbotschaften des christlichen Glaubens. Beim Weltjugendtag zeigte sich das wichtigste Anliegen des Papstes aus Lateinamerika: die Frohe Botschaft so zu verkünden, dass jeder sie versteht und niemand ausgegrenzt wird. Im Vatikan agiert Franziskus entsprechend. Seit seiner Neuordnung der Kurie im Juni 2022 leitet er höchstpersönlich die dafür zuständige „Evangelisierungsbehörde“. Und sein neu benannter Chef-Dogmatiker Victor Fernandez soll nicht mehr Irrlehren abstrafen, sondern ebenfalls die Verkündigung in den Blick nehmen. Kirche muss allen Menschen offen stehen Franziskus’ Botschaft von der Kirche für „alle, alle, alle“ weist auch auf die Weltsynode im Oktober im Vatikan hin. Erstmals in der Geschichte der katholischen Kirche werden Frauen bei einer Bischofssynode mit abstimmen. Zwar ist nur rund jede siebte Stimme weiblich; trotzdem ist der Schritt bemerkenswert. Laut dem offiziellen Arbeitspapier sollen die Synodalen auch über heiße Eisen sprechen, etwa den Umgang der Kirche mit LGBTQ und die Ehelosigkeit von Priestern. In Lissabon benannte der Papst solche Konfliktthemen indirekt – etwa mit seiner Vision einer Kirche, die für ausnahmslos alle Menschen offenstehen müsse. Zum sexuellen Missbrauch äußerte er sich nicht – obwohl zu Jahresbeginn ein Untersuchungsbericht die portugiesische Öffentlichkeit schockiert hatte. Statt eines Statements empfing der Papst 13 Missbrauchsbetroffene in der örtlichen Vatikan-Botschaft. Das Treffen sei von einem „Klima intensiven Zuhörens“ geprägt gewesen, hieß es im Anschluss. Inhalte wurden seitens des Vatikans nicht bekannt. Alles in allem absolvierte Franziskus in Lissabon ein volles Arbeitsprogramm mit mehreren Auftritten vor Hunderttausenden Menschen. Bei diesen Groß-Terminen wich er teils stark von den Redemanuskripten ab. Wenige Worte machen Kreuzweg begreifbar „Gibt es Dinge in meinem Leben, die mich zum Weinen bringen?“, fragte er zum Beispiel überraschend die Jugendlichen beim Kreuzweg. Vielen kamen in diesem Moment die Tränen. So machte der Papst mit nur wenigen Worten die 14 Stationen vom Leiden und Sterben Jesu auch für religiös Ungeschulte begreifbar. Wie immer, wenn er frei redet, sprach Franziskus Spanisch, was auch viele Portugiesen verstehen. Unterstützt wurden die Inhalte der Stationen durch die künstlerische Performance einer Tanzgruppe. Das kam bei den Jugendlichen an. „Ich fand es überwältigend“, sagte die 15-jährige Luisa aus der Schweiz. Die 19-jährige Alexandra ergänzte: „Es ist wunderschön, dass man den Kreuzweg mit der heutigen Zeit verknüpfen kann.“ Dass Franziskus bei seinen Reden spontan improvisiert, ist nicht außergewöhnlich. Selten jedoch hat er Ansprachen so stark abgekürzt wie beim Weltjugendtag. Überraschend war auch, dass er am Marienwallfahrtsort Fatima auf einen ursprünglich geplanten Friedensappell verzichtete. Stattdessen hielt er eine kurze Ansprache über Maria und wiederholte seine Vision von einer offenen Kirche. Franziskus habe in Stille und „mit Schmerz“ vor der Madonnenfigur in Fatima für den Frieden gebetet, erklärte Vatikan-Sprecher Matteo Bruni im Anschluss. Mögliche Spekulationen um Sehprobleme wies er zurück. „Gott liebt uns wie wir sind“ Portugal war Franziskus' erste Reise nach einer größeren DarmOperation im Juni. Die abgekürzten Reden könnten darauf hinweisen, dass ihn das vollgepackte Programm an die Grenzen seiner Belastbarkeit brachte. Andererseits wirkte er gerade bei seinen improvisierten Ansprachen vor den Jugendlichen lebendig und stellte der Menge immer wieder direkte Fragen. Die ließ sich mitreißen. „Der Papst hat uns gesagt, dass Gott uns liebt, wie wir sind, und dass in der Kirche Platz für jeden ist“, resümiert die 20-jährige Lilly aus Australien. „Ich finde das super; das macht vielen Menschen Hoffnung.“


Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern.